Aktuellen Studien zu Folge weist ein hoher Anteil der Kinder im Vorschulalter Sprachentwicklungsstörungen auf.
Sprachentwicklung beginnt bereits unmittelbar nach der Geburt des Kindes. Der Stillvorgang an der Mutterbrust sorgt für den stabilen Aufbau der Mund- und Rachenmuskulatur. Schreien trainiert die Lunge und Stimmbänder.
In den folgenden Lallphasen im Laufe des 1. Lebensjahres trainiert das Kind die Lautbildungen. Dabei bildet es zunächst sämtliche Laute, die in allen Sprachen vorkommen. In der zweiten Lallphase (ca. mit 6 Monaten) kommt es zu einer Annäherung an Lautverbindungen, der Muttersprache und zunehmend gleicht das Kind die Sprache seiner Umgebung (motherese = Mund-Kind-Interaktion) mit seiner eigenen Lautproduktion ab, bis es mit ca. 10-12 Monaten die ersten Worte sagen kann- in der Regel zuerst Papa, dann Mama. Papa wird häufig deswegen zuerst gebildet, weil die Lautfolge des Wortes für das Kind deutlicher zu unterscheiden und einfacher zu bilden ist.
In der weiteren Sprachentwicklung verwendet das Kind 2- und Mehrwortsätze und kann mit ca. zweieinhalb Jahren annähernd alle Laute sprechen.
Mit etwa 4 Jahren spricht das Kind seine Muttersprache. Es beherrscht Laute (Phonetik), die Grammatik des Satzaufbaus (Syntax), ein umfangreiches Sprachlexikon (große Anzahl von Wörtern der Muttersprache) und kann Sprache situationsbezogen richtig anwenden (Sprachpragmatik). Kinder, die zweisprachig aufwachsen, sind bei dieser Entwicklung keineswegs benachteiligt. Unter normalen Bedingungen entwickeln sich beide Sprachen als Muttersprachen und zwar im gleichen Zeitraum.
Ist die Sprachentwicklung gestört, so können Einzelbereiche, z. B. die Lautentwicklung oder mehrere Sprachebenen (Satzbildung), Sprachumfang oder die Anwendung der Sprache betroffen sein. Sprachstörungen treten darüber hinaus kaum isoliert auf, sondern beeinflussen bei Fortbestand maßgeblich auch die kognitive und emotionale Entwicklung der Kinder.
Lesen und Schreiben (Schriftspracherwerb) als besondere Formen des Spracherwerbs sind wie die Lautsprache zentrale Kulturtechniken, die zur Informationsbeschaffung und zur Kommunikation über zeitliche und räumliche Distanzen hinweg genutzt werden können. Im Zeitalter der zunehmenden Computernutzung verliert die Schriftsprache keineswegs an Bedeutung, vielmehr sind kompetente Lesefertigkeiten zentrale Voraussetzung für den Zugriff auf globale Informationsnetze (Internet etc.). Schwierigkeiten beim Erwerb dieser Kulturtechniken stellen eine wesentliche Beeinträchtigung für die Entwicklung eines Kindes dar. Diese Lese- und/oder Rechtschreibstörung (im Folgenden kurz als LRS bezeichnet) ist laut WHO eine der häufigsten spezifischen Entwicklungsstörungen (ICD-10). Ohne entsprechende Behandlung bleibt diese Störung bis ins Erwachsenenalter bestehen und erschwert die Integration in die Berufswelt.